
Türchen 13
Pair: Shanks x OC
Kinks/Warnung: AU
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Rakia musterte sich im riesigen Spiegel, während die Hofdamen um sie herumwirbelten und den letzten Feinschliff tätigten. Hier eine Haarspange in ihr silbergraues Haar, dort ein wenig Puder und leichtes Parfüm und als Letztes kam eine Art beinahe durchsichtiger Umhang aus Tüll um ihren Hals und Schultern. Damit war ihr Schlüsselbein, beinahe ihr gesamter Hals und ihre Schultern mit edlen Juwelen geschmückt, die auf den Stoff gestickt waren. Jedes Einzelne passte sich der Farben ihres Kleides und ihrer Augen an. Das sanfte Kirschblüten-Pink in ihren Augen spiegelte sich auch auf den Blumen wider, welche überall und besonders auf der Rückseite, bis nach unten auf ihrem weißen Hochzeitskleid verteilt waren.
Der obere Bereich des Kleides war ein Korsett, bestickt mit lauter goldenen, kleinen Perlen in Form eines Herzens. In der Mitte, zwischen ihren Brüsten war eine Kirschblüte hineingestickt worden, auf ihrem Rücken befand sich dagegen das Muster eines Schneeleoparden, ihr Seelentier. Über ihre Taille wurde ein hauchdünner, goldener Gürtel gelegt, welcher irgendwann aufhörte. Im Spiegel sah es so aus, als würde der feine Gürtel mit dem Kleid verschmelzen.
Während dann nur weißer, unglaublich weißer Stoff kam, begannen zum Ende ihrer Beine, schätzungsweise oberhalb ihrer Knie wieder die Kirschblüten und die Juwelen.
„Prinzessin Rakia? Der Schleier.“, wurde sie daran erinnert, dass doch noch etwas fehlte. Sie nickte, ging in die Knie, um es der Hofdame zu erleichtern. Ein dünner Schleier wurde ihr über den Kopf gehängt und an ihrer Krone befestigt. Sobald sie sich wieder aufrichtete, wurde der Schleier über ihr Gesicht gehängt, so wie es wohl Tradition der Menschen war. Als sie über ihre Schulter blickte, erkannte sie, dass der Schleier auf dem Boden endete und einen wunderschönen Halbkreis aus Kirschblüten bildete.
Die junge Thán-Prinzessin musste lächeln. Sie hatte sich noch nie so wunderschön gefühlt.
Die Tür hinter ihr öffnete sich und sie erkannte im Spiegel ihren ältesten Bruder. Die Hofdamen knicksten und verschwanden aus dem Raum, während er eintrat. Langsam drehte sie sich um und sah zu ihm nach oben. Ihre Leoparden-Ohren zuckten aufgeregt, als er sie musterte. Der Schwarzhaarige trug die edelsten Roben des Stammesoberhaupts vom Königreich Sól, über seinen Schultern ruhte dennoch sein goldene Umhang, bestickt mit einem großen, schwarzen Löwen.
„Du siehst wunderschön aus, Schwester.“, sprach er nach einer kurzen Stille und hob seine Hand, um sanft über ihre Wange zu fahren und dann ihr Ohr zu streicheln. „Ich bin wirklich stolz auf dich. Du bist zu einer beeindruckenden Frau herangewachsen. Mehr hätten weder ich noch unsere Brüder oder Eltern erwarten können. Ich bin stolz auf dich.“
Sie senkte verlegen den Kopf, bis sie ihn wieder hob und ihn mit leicht feuchten Augen ansah. Sie konnte nicht anders, als sich in seine Arme zu werfen. Dabei passte Rakia auf, dass sie ihr Gesicht nicht zu sehr an ihn rieb, nicht dass das Puder auf seinem schwarzen Kimono zu sehen war. „Ich danke dir...“, murmelte sie. Sie spürte, wie er über ihren Rücken strich und schloss die Augen. Sie hatte nicht mehr viel Zeit, aber diesen Moment wollte sie sich genehmigen.
„Bist du aufgeregt?“, fragte er sanft. Sie nickte. „Sehr! Ich werde nervös... ich zittere am ganzen Körper. Aber ich weiß, dass er gut zu mir sein wird. Es wird alles gut.“, murmelte Rakia. Der Griff ihres Bruders verstärkte sich um sie, bevor er ein wenig zurücktrat und sie sich von ihm lösen musste. „Mutter und Runan haben mit dir gesprochen? Über den Verlauf der Hochzeit, die Traditionen der Menschen, die Hochzeitsnacht?“ Rakia blinzelte und wurde etwas rot. Sie hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet Rengar das ansprach, aber sie nickte erneut und holte tief Luft. „Ja, ich weiß woher die Babys kommen und wie die Menschen das handhaben. Ich bin da nicht wirklich begeistert von, aber es ist ein kleines Übel. Unberührt bin ich. Immerhin hatte ich drei ältere Brüder, die jeden Liebhaber in Stücke gerissen hätten...“
Sie erhielt ein Grinsen und konnte dabei seine scharfen Löwenzähne erkennen. „Keiner ist gut genug für unsere kleine Schwester.“ Rakia rollte mit den Augen und kicherte. „Aber der König eines anderen Landes schon?“ Sie wollte ihn ein wenig damit aufziehen, dass er das überhaupt zugelassen hatte.
Rakia hatte wirklich gedacht, dass sie sich verhört hätte, als Shanks vor ihr auf die Knie gegangen war.
Das war vor ein paar Wochen. Sie war schon viel länger an seiner Seite, im Akia-Königreich. Sie diente als Botschafterin zwischen den Reichen. Sól und Akia hatten eine Allianz geformt, kurz nachdem Sól dem Waru-Königreich den Krieg erklärt hatte. Da das Akia ebenso kurz vor einem Krieg mit Waru stand und sie einzeln gegen dieses mächtige Waru-Königreich keine Chance gehabt hätten, kamen sie zu einer Übereinkunft.
Die erste Allianz zwischen Thán und Menschen, die es jemals gegeben hatte!
Rakia war überaus stolz, dass sie als Botschafterin ausgewählt wurde. Vielleicht weil sie Teil der Stammesoberhaupt-Familie war und im fremden Königreich somit als Prinzessin galt. Aber hauptsächlich war es wohl ihrer Gabe geschuldet, unglaublich gut mit Worten umgehen zu können etwas was sie zu einer hervorragenden Vermittlerin machte. Sie lernte die fremde Sprache der Menschen von Runan, ihrem Bruder. Er war einer der besten Gelehrten von Sól und sprach jede bekannte Sprache. Er kannte sich mit den fremden Traditionen und allem Drum und Dran aus.
Sie lernte schnell.
Dann baute sie gemeinsam mit Shanks und dessen engsten Ritter und Berater, Ben Beckman, ein Kommunikations-Netzwerk zwischen Sól und Akia aus.
Dadurch konnten sie die gemeinsamen Armeen, Standorte, Taktiken und Verteilung der Frontlinien präzise planen, ohne dass sich große Kommunikationsprobleme und Missverständnisse entwickelten.
Während sie das gemeinsam bewerkstelligten, lernte Rakia den fremden König immer besser kennen. Shanks übte schnell eine gewisse Anziehung auf sie aus. Mit seinem immerwährenden Charme, seiner lockeren Art und den kleinen Aufmerksamkeiten in Form von Blumen oder Süßigkeiten schlich er sich viel zu schnell in ihr Herz.
Am Tag ihres Antrages war Rengar in die Hauptstadt gekommen, um abschließend mit Shanks über die Befehlskette der Armeen zu reden. Waru stand kurz vor dem ersten Schlag und die zwei Könige wollten sicherstellen, dass keiner den anderen in den Rücken viel und die Allianz am Ende in einer Katastrophe endete. Vor allem, weil einige der Untergebenen die Vorurteile gegenüber der anderen Rasse nicht ablegen konnten und die Stimmen laut wurden.
Welche Absicherung gab es?
Rakia hatte mit einigen anderen außerhalb des Konferenzraumes gewartet, nachdem sie plötzlich allesamt von den Beiden hinausgeworfen wurden. Ein paar Schritte entfernt war Beckman den Gang auf und ab getigert, während auf der anderen Seite ihr dritter Bruder, Ragnar, an der Wand gelehnt und abgewartete hatte. Alle anderen waren ruhig geworden, nachdem sich die Türen geöffnet hatten und zuerst Rengar grinsend heraustrat. Als Erstes war er zu Rakia gelaufen, zwinkerte ihr zu, legte eine Hand auf ihre Schulter und murmelte hatte ihr zugezwinkert, seine Hand auf ihre Schulter gelegt und ein: „Gern geschehen, Schwesterchen.“, gemurmelt. Dann war Shanks hinaus getreten. Auch er hatte jeden auf dem Gang ignoriert. Sein Blick hatte sich lediglich auf Rakia gelegt, die ihn fragend angesehen hatte. Ehe sie sich versah, hatte der König des anderen Landes ihre Hände in seine genommen, war vor ihr auf die Knie gegangen und hatte um ihre Hand angehalten.
Auch wenn das gar nicht nötig gewesen wäre. Immerhin hatten die Beiden das zuvor geklärt. Die Heirat sollte die beiden Reiche zusammenführen, nicht nur auf Zeit, sondern dauerhaft. Da Rengar genau von Rakias aufkommenden Gefühlen für den König gewusst hatte, war er sofort einverstanden. Laut ihm kam der Vorschlag nämlich von Shanks.
Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie erstarrt sie damals war und ihn lange wortlos angesehen hatte, bis sie endlich ihre Worte wiedergefunden und „Ja“ gesagt hatte. Shanks hatte ihr später verraten, dass das der längste Moment seines bisherigen Lebens gewesen war. Er hatte wohl gedacht, sie lehne ab.
Von wegen.
Wie hätte sie ablehnen können?!
Ihre Wangen färbten sich ein wenig rot und sie tief holte sie Luft. Gleich war es so weit. Jeden Moment würden die Glocken läuten und sie würde mit dem Mann vermählt werden, in den sie sich langsam verliebte.
Dass er ein Mensch war, spielte für sie keine Rolle!
Rakia blinzelte, als sie Schritte hörte und Rengar sich zur Tür umdrehte. „Das werden wohl die Diener sein. Ich werde dich begleiten, bis zum Altar.“ Er trat an ihre rechte Seite und bot ihr seinen Arm an. So wurde sie von ihm durch das Schloss geleitet, bis sie im Innenhof hielten. Dort stand ein schneeweißer, großer Hirsch. Rakia wusste, dass dieser wie sie ein Thán war. Einer der Gotteskrieger, einer der Stärksten ihres Königreiches. Der ihm zugewiesene Gott war Fukurokuju, der Gott des langen Lebens.
Sollte das eine Anspielung sein?
Sie fragte ihren Bruder nicht. Wortlos lief sie auf das große Tier zu, welches sie zur Kirche tragen würde. Vor ihm angekommen, neigte er den Kopf und senkte seinen Rücken, sodass Rakia trotz des wunderschönen Kleides recht elegant auf ihn steigen konnte. Ihre Finger vergruben sich in seinem Fell und seinem Geweih, als sie sich auf ihn zog und dann ihr Kleid richtete. Das Tier stand danach wieder auf und wandte sich dem geöffneten Schlosstor zu.
Vor dem Hirsch lief nun ihr Bruder als pechschwarzer Löwe. Er hatte sich ganz verwandelt, nicht nur um Eindruck vor dem Volk der Menschen zu schinden, sondern auch um ihre Sicherheit zu garantieren. Sollte er auch nur einen Hauch von Gefahr wittern, würde er eingreifen.
Rakia wusste nicht, was sonst mit dem König ausgemacht war, aber sie konnte einige Krieger Sóls an ihrer Seite erkennen. Sie alle wichen nicht von ihrer Seite, als sich der Hirsch in Bewegung setzte und zur Kirche lief. Die Soldaten Akais hatten eine breite Gasse gebildet, sodass ihr Zug ohne Probleme durch neugierigen Stadtbewohnern kam. Viele jubelten und warfen Blumen auf ihren Weg, andere standen eher skeptisch da und musterten sie abschätzig. Rakia selbst setzte ein breites, ehrliches Lächeln auf und winkte ab und an. Sie fing jede Blume auf, die in ihrer Reichweite kam, bis sie an der Kirche angekommen einen ganzen Strauß in der Hand hielt.
Sie war froh darum. Ihre Hände zitterten vor Aufregung. Sie brauchte etwas zwischen ihren Fingern, um sich abzulenken. Die Glocken der großen Kirche läuteten zwölf Mal, als sie darauf zu lief. Beim letzten Klang stand sie im Eingang, ihr ältester Bruder in Menschengestalt neben ihr. Er lächelte sie an, bevor er ihr wieder seinen Arm anbot und sie ins Innere der Kirche begleitete.
Nervös biss sie sich in ihre Wange. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und sie zuckte ständig mit ihrem rechten Leoparden-Ohr. Ihr Schweif unter dem Kleid peitschte hin und her, zum Glück völlig ungesehen. Ihre Schritte hallten in der Kirche wider und eine sanfte Melodie der Orgel erklang, sobald sie den ersten Schritt zwischen den aufgereihten Bänken ausführte.
Am Ende des weiten Gangs stand Shanks. Sie konnte dank ihrer guten Katzen-Augen selbst durch den Schleier hindurchsehen und ihn in seiner ganzen Pracht mustern. Ihr Herz stoppte für einen Moment, als sie ihn breiter lächeln sah. Ihre beiden Blicke verhakten sich, wobei sie sicher war, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte.
Ein glückliches, warmes Gefühl bereitete sich in ihrem Bauch aus und nahm bald schon ihren gesamten Körper ein. Den Schmuck verteilt über den Altar, der nicht nur von den Traditionen der Menschen, sondern auch von den Thán stammte, bemerkte sie gar nicht wirklich. Auch nicht ihre Eltern, die bereits Tränen in den Augen hatten und in der ersten Reihe saßen.
Sie hatte nur Augen für Shanks.
Ihren Verlobten.
In weniger als einer Stunde ihr Ehemann.
Ihre Schritte stoppten kurz vor ihm und die Musik verstummte. Rengar nahm ihre freie Hand in seine, küsste ihre Handfläche und verneigte sich vor ihr, dann wandte er sich Shanks zu. „Im Angesicht der Götter überreiche ich Euch die Hand meiner Schwester. Mögen die Götter diese Verbindung segnen.“ Ganz leise hauchte er für Rakia ein „und mögest du glücklich werden.“ hinzu.
Ihre linke Hand wurde von Shanks rechter umschlossen und der Rothaarige nickte ehrfürchtig. Die oberste Schamanin trat vor.
Zuvor hatte man sich geeinigt, dass die Hochzeit sowohl mit den Traditionen der Thán, als auch der Menschen abgehalten wurde. So konnte sich keiner benachteiligt fühlen und der Bund war für beide Seiten vollwertig.
Rakia hörte den Worten der Schamanin kaum zu. Sie sah heimlich durch ihren Schleier immer wieder zu Shanks und spürte seine warmen Finger über ihre Knöchel streichen, was ihr ein wenig die Nervosität nahm. Trotzdem blieb ein Teil. Nicht nur wegen der Nacht, auch wegen dem jetzt kommenden Teil.
Der Vollzug des Bunds.
Die Schamanin hob einen schwarzen Dolch mit grünen Juwelen. Sie sprach die alten Worte der zwei ältesten Götter, Izanagi und Izanami. Die Sprache war selbst für Rakia nicht zu verstehen, denn nur die Schamanen und einzeln ausgewählte Gelehrte konnten sie überhaupt sprechen. Dennoch spürte Rakia die aufsteigende Magie um sie herum und zuckte mit den Ohren.
Sobald die Worte des Rituals gesprochen waren, wurden Shanks und Rakia aufgefordert, auf die Knie zu gehen und die Handflächen ihrer jeweils rechten Hand zu zeigen. Sobald sie dies taten, glitt die schwarze Klinge tief über ihre Haut.
Blutgeruch füllte die Kirche, doch weder Shanks noch sie zuckten zusammen. Dann ergriff die Schamanin ihre Handgelenke und führte sie zusammen, sodass ihr Blut vermischt wurde. Sie wurden angewiesen, ihre Finger zu verschränken und die Hände zusammenzupressen, während die Schamanin ihre Hände über ihre legten und zu den Göttern betete. In einen Moment blinzelte Rakia, im nächsten spürte sie, für eine Sekunde, eine gewaltige Magie in ihr aufwallen. Sie schloss kurz die Augen, um nicht umzukippen, bevor sie ein Kribbeln in ihrer verletzten Hand und ihrem Kopf bemerkte.
Als sie fragend ihren Kopf zu der Schamanin drehte, grinste diese breit und entließ ihre Hände. Rakia zog ihre Hand an sich und starrte auf die geheilte Innenfläche. Sie blinzelte, um das Ausmaß dieser Erkenntnis zu verstehen, während die Schamanin bereits weiter war und sowohl ihre, als auch Shanks Handinnenfläche den Anwesenden zeigte. „Die Götter haben diese Verbindung gesegnet und für vollwertig erklärt.“ Jubeln erklang, während das Paar wieder aufstehen durfte. Sanft lächelnd berührte die Schamanin sowohl Rakia, als auch Shanks ein letztes Mal, dann machte sie Platz für den menschlichen Priester.
Für Rakia war das völlig egal. Sie starrte immer noch auf die geheilte Handfläche und grinste etwas dümmlich. Sie hatte furchtbare Angst davor gehabt, dass die Götter diese Verbindung nicht guthießen. Doch mit der Heilung, der Magie und der Geste der Schamanin, stand ihre Ehe unter einem guten, wohlwollenden Stern.
Nach Tradition der Menschen durfte Shanks endlich ihren Schleier aus dem Gesicht entfernen und über ihren Kopf legen. Sein liebevolles Lächeln rührte sie zu Tränen und durch den göttlichen Bund konnte sie langsam seine Gefühle spüren, die durch die entstandene geistige Verbindung zu ihr sickerten.
Der Priester segnete ihre Heirat ebenso. Dieses Mal wurde um Rakias rechtes Handgelenk und Shanks linkes Handgelenk ein rotes Seidentuch gebunden. Das sollte die menschliche Verbindung darstellen. Er redete auch etwas von Göttern, doch ehrlich gesagt, war Rakia gedanklich schon viel, viel weiter.
Ihre Gedanken wurden erst unterbrochen, als sie gewisse Worte hörte. „Ihr dürft die Braut jetzt küssen.“
Blinzelnd wandte sie sich an Shanks, der die zwei Schritte überbrückte und nun ganz nah bei ihr war. Ihre Handgelenke waren immer noch zusammengebunden und würden wohl für den Rest des Tages auch so bleiben, doch seine rechte Hand war frei und so konnte er seine Finger unter ihr Kinn schieben und ihren Kopf heben. Sein Lächeln steckte sie an und sie schloss die Augen, sobald er sich vor bewegte.
Sanft trafen ihre Lippen auf seine und sie konnte weiteren Applaus hören, doch das war nicht wichtig.
Sie war jetzt mit Shanks verheiratet.
Das war alles, was zählte.
~*~
Nach der Kirche zeigten sie sich dem Volk. Der Jubel war groß, genauso wie die Feier danach. Der Schlossgarten wurde wunderschön für die Hochzeitsfeier hergerichtet. Es wurde nicht nur eine Tanzfläche um den großen Springbrunnen herum errichtet, sondern auch eine ganze Plattform für die Musiker, das Essen und die Geschenken. An einer großen Tafel saßen Shanks und Rakia, links und rechts von ihnen die wichtigsten Personen, unter anderem Familie und Shanks engste Ritter. Die Übergabe der Geschenke war schon vorüber und nachdem Rakia endlich eine Kleinigkeit trinken und essen konnte, begann das erste Lied und Shanks stupste sie in die Seite. Rakia sah ihn fragend an, doch Shanks deutete nur wortlos zur Tanzfläche. Da war er, der erste Tanz des Abends. Zum Glück hatte sie Tanztraining bekommen.
Sie schenkte ihm ein Lächeln, raffte ihr Kleid und stand auf. Ihr Ehemann tat es ihr gleich, ergriff ihre rechte Hand und führte sie zur Tanzfläche. In der Mitte der Fläche angekommen, legte sie ihren linken Arm auf seine Schulter, während er seine rechte Hand auf ihre Taille legte. Konzentriert korrigierte sie ein wenig ihre Haltung und runzelte die Stirn dabei. Ihr Herz klopfte schneller vor Aufregung. Sie durfte das hier nicht vermasseln, nicht vor all diesen Leuten!
„Keine Angst...“, murmelte Shanks ganz leise und beugte sich dafür ein wenig zu ihr herab. „Vertrau mir...“, er zwinkerte ihr zu, dann begann die Musik. Ein sanftes Stück für einen langsamen Walzer, der immer mal wieder schneller, jedoch nicht zu einem Problem wurde. Rakia musste zugeben, Shanks war ein verflucht guter Tänzer. Er führte sie durch sämtliche Tänze, nicht nur durch den Ersten, ohne einen Fehltritt. Dabei blickte sie irgendwann gar nicht mehr auf ihre Füße, sondern hob ihren Kopf und lächelte Shanks an.
Der König lächelte genauso sanft zurück und strich über ihre Finger. Ihr Herz schlug schneller, dieses Mal jedoch nicht vor Aufregung.
Zusammen tanzten sie viele Lieder hintereinander, bis sie eine kleine Tanz-Pause bekam und wieder eine Kleinigkeit trinken konnte. Die Gespräche zwischen den Tänzen hörten dennoch nicht auf, sodass keinerlei Zeit für Zweisamkeit oder überhaupt private Worte zwischen den beiden blieb. Rakia wünschte ab einem gewissen Punkt, dass sie einfach vor ihrer eigenen Hochzeit flüchten könnte.
Mittlerweile begannen ihre empfindlicheren Ohren zu klingeln und jede weitere Bewegung in diesen Schuhen tat einfach nur weh. Ihr Körper war das nicht gewohnt und sie würde gerade lieber auf einem Schlachtfeld stehen, als noch einen weiteren Tanz oder eine weitere Unterhaltung führen zu müssen. Ihr innerer Schneeleopard schrie nach Freiheit und Ruhe, doch sie konnte ihrem Seelentier diesen Wunsch nicht gewähren. Sie musste noch etwas durchhalten … nur noch etwas.
Rakia sah kurz zu Shanks auf, als dieser mit seinen Fingern über ihren rechten Handrücken fuhr. Ihre beiden Hände waren immer noch mit dem roten Stofftuch verbunden. Vor der Hochzeitsnacht und vermutlich auch währenddessen würde sich das wohl nicht ändern.
Das war auch der Grund, weshalb sie nicht mit ihrem Bruder oder ihrem Vater tanzen konnte. Ein bisschen Schade fand sie das schon, doch sie wollte die Traditionen der Menschen, die Tradition ihres Ehemanns, respektieren und akzeptierte den Umstand. Sie würde noch genug Gelegenheiten erhalten, mit ihrer Familie zu tanzen.
Der Abend schritt voran, bis sie ein gewisses Gemurmel in den Reihen der Lords hören konnte.
„Es wird langsam Zeit für die Hochzeitsnacht, nicht wahr?“
„Wie die Braut wohl aussehen wird?“
„Ich frage mich, wo die Thán noch ihre Tiermerkmale haben? Nur die Ohren...?“
„Holt die Braut! Es ist Zeit für den Vollzug der Ehe!“
Die letzte Stimme konnte Rakia ganz genau zuordnen. Sie drehte den Kopf ein wenig, nur um einen älteren, beleibten Lord zu erkennen, der sie direkt anstarrte. In seinem Blick lag ein gewisses Verlangen und sie schauderte, als sie sah, wie seine Zunge über dessen Lippen lecken sah. Plötzlich wurde ihr ganz unwohl bei den Blicken. Sie schluckte und senkte mit leicht roten Wangen ihren Blick. Rakia wusste von dem Brauch der Menschen. Die Tradition der Könige, dass Andere anwesend waren, während der Ehemann der Gattin die Unschuld nahm und ihr mit seinen Samen ein Kind schenkte...
Doch ihr war absolut nicht wohl bei dem Gedanken, dass ihr andere dabei zusahen, sie vielleicht sogar anfassten oder festhielten. Auf das Bett drückten und...
„Ich denke, das wird nicht nötig sein.“, durchschnitt Shanks sowohl ihre Gedanken als auch die lauten Stimmen der Lords um sie herum. „Meine Braut und ich werden uns jetzt in unsere Gemächer zurückziehen. Allein!“ Sie spürte, wie er seinen rechten Arm unter ihre Kniekehlen schob, dann fand sie sich schon auf seinen Armen, an seine Brust gedrückt wieder. Mit roten Wangen starrte sie ihn überrascht an. Er wollte diese Tradition brechen? Für sie? Oder … Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, wurde jedoch unterbrochen.
„Aber mein König...!“, sprach der dickere Lord. Shanks strafte ihn mit einem wütenden Blick. „Zweifelt ihr etwa an meiner Fähigkeit, diese Ehe zu vollziehen?“ Der Lord wurde blass um die Nase und verstummte. Rakia musste ihr Gesicht in Shanks Brust vergraben, um ihr verräterisches Grinsen nicht allen zu zeigen.
Die anderen Rufe wurden still. Jeder akzeptierte die Entscheidung des Königs, niemand wollte ihn in Frage stellen. Sie machten alle Platz für ihn und seine Frau auf seinen Armen. Rakia selbst erhaschte nur noch ein gewisses Zwinkern von ihrem Bruder, bevor die großen Türen des Schlosses hinter ihnen zugezogen wurden und sie endlich von Stille umgeben waren.
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~*~
Es war einmal...

