
Türchen 7
Pair: Lime Juice x OC
Kinks/Warnung: Alternatives Universum,
Mittelalter, Fantasie-Welt
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„Und damit beginnt meine Wache...“
Seine Antwort auf ihre Frage, ob er damit leben könnte, wenn sie niemals mit ihm das Bett teilen würde, blieb ihr immer noch im Gedächtnis. Es waren mittlerweile Monate vergangen und trotzdem hatte er sein Wort nicht gebrochen. Sie schliefen in unterschiedlichen Betten, in jeweils eigenen Zimmern, in sogar eigenen Flügeln seiner Burg.
Zur Anfangszeit war sie noch im Schloss des Akai-Königreichs gewesen. Sie wusste nicht, ob es einfach dazu diente, sie im Augen zu behalten oder den Bund zwischen dem Akai-Königreich und ihrer Heimat, dem Balmund-Königreich, zu stärken. Vielleicht war es aber auch einfach dem Fakt geschuldet, dass ihre Heirat mit einem der königlichen Ritter riesig gefeiert wurde. Die Feierlichkeiten hielten insgesamt eine gesamte Woche an. Die Zeremonie war nur ein kleiner Teil des Ganzen, die Brautentführung und alles Drum und Dran verbat dagegen ihr jetziger Gatte. Er hatte kein Interesse an solchen witzlosen Spielchen und sein König gewährte es ihm.
Im Allgemeinen war Lime Juice sehr gut zu ihr gewesen. Er gab ihr Freiraum und versuchte sein Möglichstes, sie im Königreich zu integrieren. Auch wenn ihre kleine Sprachbarriere für zusätzliche Probleme sorgte. Es war nicht so, als könnte sie diese fremde Sprache absolut nicht. Doch ihr Akzent und gewisse Aussprachen machten es nicht unbedingt leichter.
Malenia blinzelte gegen die Scheibe des Fensters in der Bibliothek und starrte in den verschneiten Garten. Seitdem sie in Lime Juice Burg gezogen war, fühlte sie sich noch einsamer als zuvor. Der Ritter war nicht lange bei ihr. Er musste zurück ins Schloss, um seinen König zu unterstützten. Die Lage zwischen den benachbarten Königreichen spitzte sich zu, hatte sie gehört.
Aus diesem Grund hatte ihr Vater auch entschieden, ein Bündnis mit Shanks Le Roux einzugehen. Der rote König, so wie er genannt wurde, verfügte über eine starke Armee mit tadellosem Ruf. Jeder seiner königlichen Ritter konnten eine gesamte feindliche Armee zertrümmern, so hieß es. Zudem breitete sich das Akai-Königreich über die südliche Landkarte aus, während ihre Heimat, das Balmund-Königreich als kleiner Abstrich auf der Karte, nur über diverse Handelsrouten und einer Hafenstadt verfügte. Im Süden Akai, im Norden das brutale Königreich Aigis und im Osten lag Sól.
Balmund würde unter diesen Mächten zerquetscht werden, wenn Krieg ausbrach. Deshalb das Bündnis. Die Heirat sollte das Bündnis besiegeln. König Shanks bekam uneingeschränkten Zugang zu den Handelsrouten und Malenias Vater erhielt den Schutz des starken Akai-Königreichs.
Und sie war das Pfand.
„Lady Malenia? Der Tee wäre bereit.“, wurde sie plötzlich von einem Dienstmädchen angesprochen. Sie drehte ihren Kopf und starrte kurz die Magd an, bevor sie höflich nickte. „Natürlich.“ Sie raffte ihr Kleid und stand auf, folgte dem Mädchen in das angrenzende Zimmer, in welchem sie immer ihren Nachmittagstee trank und seit neustem ein paar wenige Gäste empfing. Nicht, dass es wichtig wäre, aber da der Lord des Hauses abwesend war und sich nicht um die kleinen Probleme seiner Untertanen kümmern konnte, kamen diese seltsamerweise jetzt zu Malenia.
„Steht heute etwas an?“, fragte sie das Dienstmädchen, als sie sich auf den Sessel gesetzt hatte, sich die Tasse Tee vom kleinen Tisch nahm und deutlich den bohrenden Blick des Mädchens spüren konnte. Sie sprach normalerweise nicht von sich aus, doch irgendwie hatte es sich die letzten Tage eingebürgert, dass sie so lange angestarrt wurde, bis sie letztendlich fragte.
„Die Vorsteherin des Waisenhauses wollte sie um eine Spende bitten. Der Winter hält dieses Jahr ungewöhnlich lange an und das Feuerholz geht langsam aus.“ Die Magd verneigte sich. Malenia überlegte nicht lange. „Der Schatzmeister soll ihr einen entsprechenden Betrag geben.“, entschied sie ohne weitere Worte und nippte vorsichtig an ihren Tee. Das Mädchen verneigte sich erneut. „Natürlich Lady Malenia. Ich werde sofort alles in die Wege leiten.“
Dann verschwand sie und Malenia war wieder allein. Sie seufzte leise, trank vorsichtig den heißen Tee und knabberte an einem der Kekse. Doch Hunger hatte sie nicht wirklich. Sie stellte die Teetasse wieder zurück und erhob sich langsam. Malenia wandte sich erneut einem der großen Fenster zu und starrte nach draußen in den Schnee.
Draußen konnte sie plötzlich ein Flüstern hören. Da sie so leise war, verstand sie jedes Wort, was die Diener austauschten. „Ich habe gehört, dass der Lord wieder zurückkommen soll!“ „Oh! Das sind großartige Nachrichten!“ „Leider können wir ihm noch nicht von einer Veränderung berichten...“ „Denkst du...“ Sie wurden leiser und entfernten sich wohl von ihrer Tür. Doch Malenia hatte genug gehört. Sie wusste genau, worüber die Diener tratschten. Und es könnte ihr nicht gleichgültiger sein.
Sie war nur hier als Pfand. Um gut auszusehen. Und wenn ihr Gatte sein Wort hielt und sie nicht bedrängen würde, würde sie den Teufel tun und von sich aus fragen. Selbst wenn es hieß, dass die Dienerschaft ihr vorhalten würde, dass sie nicht fähig war einen Nachfolger zu gebären.
Plötzlich hatte sie den Drang nach draußen zu gehen. Sie wollte allein sein, ohne Diener und einfach in Ruhe ein wenig durch den weißen Garten laufen. Deshalb begab sie sich zu ihrem Gemach, besorgte sich gute Schuhe und entsprechende Kleidung und schritt durch einen hinteren Ausgang der Burg in den Burggarten. Die Diener folgten ihr nicht. Sie waren viel zu sehr damit beschäftigt, alle Vorbereitungen für die Ankunft ihres Lords zu treffen.
Deshalb konnte Malenia endlich völlig allein gelassen durch den Schnee laufen. Sie blieb vor einem Springbrunnen stehen, dessen Wasser völlig eingefroren war. Sie strich den Schnee von dem Stein, bevor sie sich daraufsetzte und die Augen schloss. Die leisen gesungenen Worte kamen ihr einfach so über die Lippen.
Sie sang in ihrer Muttersprache. Ein sanftes Lied über das Meer, den Fischern und dem Gefühl von einem Zuhause. Einer Familie, die sie nie hatte und nie bekommen würde.
Eine einzelne Träne rann über ihre Wange, als sie sich daran erinnern musste, dass kein Einziger ihrer Familie zu ihrer Hochzeit gekommen war. Sie wurde einfach, ohne das ihre eigene Meinung überhaupt gehört wurde, von ihrem Vater verschifft wie ein Stück Vieh. Selbst wenn sie so ihr ganzes Leben aufgezogen wurde, die perfekte Tochter zu sein, die nur existierte, um verheiratet zu werden, hatte sie das sehr hart getroffen.
Und hier in diesem fremden Land, umgeben von fremden Leuten und einem Ehegatten, den sie nicht kannte und nicht entfernter hätte sein können, fühlte sie sich sehr einsam.
Ihre Stimme brach und sie musste sich eine weitere Träne von der Wange streichen.
Plötzliche nahende Schritte ließ sie aufschrecken. Mit großen Augen starrte sie Lime Juice an, welcher schon am gegenüberliegenden Teil des Brunnens stand und sie mit erhobenen Händen verlegen anlächelte. „Es tut mir leid, ich wollte Euch nicht erschrecken oder Euch beim Singen stören.“ Er setzte sich langsam in Bewegung, während Malenia aufsprang und den letzten Rest ihrer Tränen wegwischte. Ihr Herz klopfte schneller.
Er hatte sie singen gehört!
Dabei wollte sie niemanden diese Seite von ihr zeigen. Bekam sie jetzt Ärger? Warum war er überhaupt schon hier?
Ein paar Schritte vor ihr blieb er stehen und ließ seine Hände wieder sinken. „Ich wollte Euch ein letztes Mal sehen. Ich bleibe nicht wirklich lange. Morgen früh schickt mich mein König in den Krieg.“ Ihr Herz setzte aus, als er kurz seinen Blick über den friedlichen Garten schweifen ließ. Malenia dagegen betrachtete ihn mit aufgewühlten Gefühlen. Er musste in den Krieg ziehen?
„Das kommt plötzlich...“, murmelte sie leise, weil sie das Gefühl hatte, etwas sagen zu müssen. Ihr Ehegatte richtete seinen Blick wieder auf sie und seine Gesichtszüge änderten sich. Liebevoll wurde sie von ihm angesehen und er setzte sich wieder in Bewegung, um den letzten Abstand zu überbrücken. Langsam hob er seine behandschuhte Hand, zog den Handschuh aus und legte seine warme Hand auf ihre rechte Wange. Er strich über ihren Wangenknochen und schenkte ihr ein ehrliches Lächeln.
„Ich weiß. Aber keine Sorge, ich werde zu Euch zurückkehren. Ich wollte nur sicher gehen, dass es Euch an nichts mangelt und es Euch gutgeht, Lady Malenia.“ Er hauchte ihren Namen beinahe wie ein Gebet aus. Sie starrte ihn wortlos an, war nicht fähig etwas über ihre Lippen zu bekommen. Mal davon abgesehen, dass sie sich seit ihrer Heirat nicht mehr so nah gekommen waren.
Sie konnte sein Lächeln leider nicht erwidern. Deshalb beendete sie auch den Blickkontakt und trat einen Schritt nach hinten. Sie wollte ihm nicht das Herz brechen, aber sie konnte auch nichts versprechen. Sie liebte ihn nicht. Sie wünschte, sie könnte es vielleicht eines Tages.
Lime Juice nahm ihr diese Reaktion nicht übel. Stattdessen bot er ihr seinen Arm an. „Würdet Ihr mich begleiten? Ich würde Euch sehr gern etwas in der Burg zeigen. Ein Abschiedsgeschenk, wenn man es so nennen will.“ Er reichte ihr seinen Arm und wartete. Malenia fasste sich ein Herz. Sie nickte stumm, ergriff den ihr dargebotenen Arm und lief mit ihm langsam durch den schneebedeckten und immer noch verlassenen Garten.
Ob er die Diener verscheucht hatte? Normalerweise war immer mindestens einer an seiner Seite, wenn er in seiner Burg war.
„Mein Lord...“ „Mir würde es gefallen, wenn Ihr mich bei meinem Vornamen nennen würdet. Ohne diesen Titel... Immerhin sind wir verheiratet, oder nicht?“, unterbrach er sanft ihren Versuch die Stille füllen. Sie hob überrascht ihren Kopf, nur um ihn anzustarren. Er grinste sie nur an und zwinkerte ihr zu. „Wenn es Euch allerdings unangenehm ist, dann würde es mir schon gefallen, wenn Ihr es wenigsten dann tun würdet, wenn wir allein sind.“ „Ihr redet zwar davon, dass Ihr zurückkehrt… und doch sprecht Ihr gerade so, als würde das unser ewiger Abschied werden...“, murmelte Malenia leise.
Seine Aufforderung konnte sie nicht nachkommen. Es fühlte sich falsch an. Sie kannte ihn immer noch nicht!
„Ich werde auf jeden Fall zurückkehren! Immerhin kann ich meine unglückliche Frau nicht einfach allein in dieser großen Burg zurücklassen.“ Erneut überraschte er sie. „Ich bin nicht unglücklich!“, versuchte sie ihm zu erklären. Keinesfalls wollte sie seinen Ärger auf sich ziehen. Oder das Personal dafür beschuldigen. Es lag an absolut nichts und außerdem... ging es nur ihr so oder sprach er die ganze Zeit schon unglaublich langsam und sehr deutlich, sodass sie bisher jedes Wort gut verstehen konnte?
Sie runzelte die Stirn, während Lime Juice die Tür ins Burginnere öffnete und sie hindurch ließ. „Du bist unglücklich, Malenia.“, murmelte er ebenso leise und nutzte zum ersten Mal die persönliche Anrede. Sie blieb stumm stehen und starrte ihren Gatten einfach nur an. Hatten die Diener sie beim Weinen gehört? Lag es daran?
„Du hast fürchterlich abgenommen. Deine Haut wirkt schal, deine Haare werden dünner und deine Augen sind dumpf und leicht rötlich. Glaube mir... das Letzte, was ich will ist, dass du an deiner Einsamkeit zugrunde gehst! Das ist nicht meine Absicht... ich weiß, es ist keine Entschuldigung dafür...“, er setzte aus und breitete seinen Arm aus, „...dass ich nicht oft hier bin und ich dich nicht anständig umwerben, kennen lernen und anschließend fragen kann, ob du wirklich meine Frau werden willst. Wir beide mussten uns dieser Heirat unterwerfen, weil unsere Pflicht das verlangte. Aber ich kann es dir trotzdem leichter machen. Ich kann dafür sorgen, dass es dir ein klein wenig besser geht und du mich vielleicht eines Tages nicht mehr hasst.“
Er setzte sich nach einem eindringlichen Blick wieder in Bewegung, während Malenia kurz völlig perplex stehen blieb und hinterher starrte, bis sie ihren Rock aufraffte und ihm hinterherrannte. „Ich hasse dich nicht!“, schoss es aus ihr heraus, lauter und entschlossener, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte. Aber sie meinte es auch so. Sie hatte ihn nie gehasst, hatte nie einen Groll gegen ihn verspürt. Denn immerhin konnte er nichts für diese Situation.
Lime Juice blieb nicht stehen. Er bog in einen, ihr unbekannten Teil, der Burg ab, bis er schließlich vor einer großen Tür stehen blieb und sich zu ihr umwandte. Traurig betrachtete er sie nun und hob erneut eine Hand, um eine in ihrem Gesicht hängende Haarsträhne zurück hinter ihr Ohr zu schieben. „Aber du liebst mich auch nicht.“, erwiderte er. Ihre Augen weiteten sich erschrocken.
Liebe?
Kurz senkte sich sein Blick auf den Boden, als hätte er etwas dummes gesagt, bevor er zur Tür schritt und diese öffnete. „Das hier ist mein verspätetes Hochzeitsgeschenk an dich. Zu diesem Raum hast nur du Zugang und kein anderer darf ihn ohne deine ausdrückliche Erlaubnis betreten. Ich hoffe, dass du dadurch ein wenig glücklicher wirst.“ Er trat zur Seite.
Skeptisch musterte sie den Ritter, bevor sie einen Schritt in den Raum trat. Sobald sie erkannte, was genau er ihr schenkte, blieb ihr die Luft weg.
Sie befand sich vor einem eingerichteten Musikzimmer.
Die gegenüberliegende Wand war eine reine Fensterfront mit dem Blick in einen weiteren, kleinen Garten. Davor stand ein stattliches Piano, daneben eine wunderschöne Harfe. Selbst eine Geige konnte sie erkennen. Ein raumhohes Bücherregal gewiss gefüllt mit diversen Notenbüchern rundete den Raum ebenso ab, wie ein Sofa und ein kleiner Tisch. Sprachlos starrte sie das alles an.
„Ich habe mich ein wenig bei deinen alten Dienern erkundigt und dich immer mal leise singen hören. Du liebst das Musizieren, nicht wahr? Leider habe ich nie so etwas besessen und die Anschaffung in solchen Zeiten dauerte länger als beabsichtigt... ich hoffe es gefällt dir.“, sprach ihr Gatte. Sie konnte die Nervosität in seiner Stimme hören, doch sie fand immer noch keine Worte. Stattdessen verkrallten sich ihre Finger im dem Stoff ihres Rockes. Ihre Schultern begannen zu beben und sie konnte ihre Tränen nicht mehr aufhalten.
Schluchzend brachen sie aus ihr heraus. Ruckartig drehte sie sich um und lief auf Lime Juice zu, der sie deutlich verwirrt ansah. Bis sie sich in seine Arme warf und ihre Hände in dem Stoff seines Umhangs vergrub. Der Ritter wusste absolut nicht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte, bis er langsam und vorsichtig seine Arme um sie legte und sie an sich zog. „Ist … alles in Ordnung?“, fragte er leise.
Er erhielt ein stummes Nicken. Es dauerte ein klein wenig, bis sich Malenia wieder einigermaßen gefangen hatte. „Danke...“, schniefte sie gegen seine Brust. „Ich danke dir aus tiefstem Herzen!“ Sie hob ihren Kopf, um ihn anzusehen. Ihre Hand löste sich von seinem Umhang und sie legte sie auf seine Wange. „Bitte... komm wieder zurück!“ Seine Augen weiteten sich. Er öffnete den Mund,doch dann schloss er ihn wieder und nickte. „Natürlich!“ Malenia nickte ebenso. Sie ergriff dieses Versprechen wie eine Ertrinkende und legte ihren Kopf wieder zurück auf seine Brust.
Was sollte sie nur tun, wenn er nicht zurückkam? Dann kannte sie wirklich niemanden mehr … und … er hatte ein gutes Herz. Das wurde ihr nun bewusst.
Und vielleicht … ganz vielleicht … könnte sie ihn eines Tages lieben.
Das hätte er verdient!
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~*~
Es war einmal...

